" Alles vibriert, pulsiert, aber ganz sanft, kein Ich und Du- nur eins "
( Willigis Jäger)
Kontemplation
Kontemplation ist ein christlicher Weg zur Gotteserfahrung auf den Spuren abendländischer
Mystiker wie Meister Eckehart, Johannes vom Kreuz und Theresa von Avila.
Die Grundübung besteht:
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im schweigenden Verweilen in der Fülle des Augenblicks
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im ständigen und geduldigen Loslassen aller Gedanken und Vorstellungen und
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im vertrauensvollen Sich- Einlassen auf den eigenen Wesensgrund.
Durch diese kontemplative Übung kann die Einheit mit dem göttlichen Urgrund
in mir erfahren werden.
Wenn ich der kontemplativen Übung im täglichen Leben Raum gebe, werde ich nicht
mehr bekommen - aber ein/e andere/r werden und den wahren Sinn finden in allem, was ist!
Denn in allem strahlt mir das Göttliche entgegen - "der über allem und durch alles und in allem ist."(Eph 4, 6)
Grundlagen
Wie kann ich mich diesem Mysterium öffnen, bzw. wie kann ich üben?
Die kontemplative Übung beinhaltet mehrere Schritte:
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Achtsamkeit
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Loslassen
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Einswerden
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Neuwerden
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Bezeugung im Alltag
Die Achtsamkeit ist nicht nur ein Bemerken oder Wahrnehmen, sondern ein "Innewerden".
Es geht nicht um eine gegenständliche Vorstellung einer bestimmten Haltung,
sondern um eine innere Einstellung, die eine wirklich verwandelnde Kraft zuläßt,
dem ich mich anvertrauen kann.
Das Loslassen oder Lassen bedeutet - so Meister Eckehart - ein "Sich-Lassen".
Das Sich-Lassen meint nicht nur das Fahrenlassen von allerlei Dingen, an denen ich hänge und festhalte,
sondern ein "Sich-Einlassen" auf das Unvorhersehbare und Ungewisse meines eigenen Urgrunds.
Es bedeutet auch das Loslassen von feststehenden Denk- und Verhaltensmustern,
ungeachtet meiner Vorstellungen, Projektionen, Wünsche und Vorurteile.
Das Machen-Wollen sowie das Verharren in einer bestimmten Vorstellung sind Hindernisse
auf dem Weg der Einswerdung mit dem Göttlichen in mir.
Das Lassen auch einer mir liebgewordenen "Gottes"-Vorstellung ist Voraussetzung echter Spiritualität.
Es wächst im Annehmen des Lebens, wie es sich mir schicksalhaft zeigt.
Es ist glaubendes Vertrauen, daß das Göttliche mir Weg und Leben ist.
Erst in dem Maße, wie ich lerne, meine starren Ordnungen und festgelegten Meinungen,
wie "man" in der Welt zu sein und zu handeln hat, loszulassen, kann ich mit meinem eigentlichen,
göttlichen Wesen einswerden.
Die Erfahrung des Einswerdens mit dem Göttlichen ist zugleich die Erfahrung meines eigenen Wesens;
Gottes- und Menschenerkenntnis sind eine Erfahrung. Gotteserfahrungen sind menschliche Erfahrungen
und damit nie endgültig; sie sind immer vorläufig. In meinem Wesenskern bin ich immer mehr,
als ich für gewöhnlich im Bewußtsein habe.
Ich bin immer mehr, als ich in meinem Menschsein zu werden vermag.Das heißt,
dass ich jede noch so lieb gewonnene Erfahrung wieder loslassen muß,
damit ich mich immerwieder neu empfangen kann.
Der kontemplative Weg ist ein prozesshafter Weg von "Sterben und Neu-Werden"!
Ein Mensch, der wirklich auf dem Weg ist, wagt sich immer wieder aufs neue.
Die Radikalität der Kontemplation fordert Disziplin, eine Not auszuhalten
und das Leiden als "Weg zum anderen Ufer" mit Vertrauen und Mut zu durchschreiten.
Es geht um den "Mut zu Leben"; zu wissen, daß gar nichts umsonst geschieht oder gewesen ist.
Alles steht in einem höheren Zusammenhang, das ich jetzt noch nicht durchschauen kann.
Jede so genannte große Erfahrung bewirkt einen Neuanfang.
Die Erfahrung des Einswerdens mit dem göttlichen Urgrund hat befreienden Charakter
und lässt mich "Zeuge" dieser Erfahrung sein.
Im alltäglichen Tun geht es schließlich darum, unter den jeweiligen Bedingungen der augenblicklichen Situation
aufstrahlen zu lassen, was in der Stille geübt und erfahren wird.
Der Weg führt mitten in die Welt, wo es sich bewährt und bewahrheitet!